Über das Projekt

Neue Synagoge Dresden. © Dunja Sharbat Dar

Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem CERES und dem Lehrstuhl für Geschichte und Theorie der Architektur der TU Dortmund. Die Forscher*innen des Projektes dokumentieren, analysieren und interpretieren religionsvergleichend den Wandel in der architektonischen Gestaltung und der städtebaulichen Positionierung zeitgenössischer sakraler Architekturen in Deutschland seit 1990. Entscheidend ist dabei die Vernetzung von religionswissenschaftlichen und architekturhistorischen Kompetenzen. Ziel ist es zu untersuchen, wie sich vor dem Hintergrund zunehmender religiöser Pluralität christliche, jüdische und muslimische Sakralarchitektur im Stadtraum positioniert, wie sie mit ihren architektonischen Formen Bedeutung vermittelt und wie sie sozial effektiv wird.

Dabei werden die drei großen monotheistischen Traditionen fokussiert, weil sie in Bezug auf ihre Sakralbauten zum einen eine ‚kritische Masse‘ überschreiten und zum anderen in ihrer jeweiligen Besonderheit miteinander kontrastieren: Kirchen sind von Abriss und Umnutzung bedroht und werden dennoch neu gebaut, Moscheen sind von starker Zunahme und einem ‚Auszug aus den Hinterhöfen‘ geprägt, entstehen aber häufig in peripherer Lage, Synagogen erfahren eine besondere Außenwahrnehmung und sind von experimenteller Architektur oftmals in Stadtzentren gekennzeichnet. Das primäre Erkenntnisziel des Projekts ist, die öffentliche Präsenz von Sakralbauten im Stadtgefüge besser zu verstehen.

Im Rahmen der übergeordneten Fragestellung, wie Architektur einerseits Ausdruck gesellschaftlicher Ordnungen und andererseits zugleich sozial effektiv ist, eignet sich Sakralarchitektur in besonderem Maße als Untersuchungsgegenstand. Gotteshäuser oder religiöse Versammlungsorte sind für viele religiöse Traditionen unabdingbar für religiöse Handlungen, das Leben in der Gemeinschaft oder als Ermöglichung der "Anwesenheit Gottes" im Raum. Um analytisch nicht am einzelnen Objekt zu verharren sollen städtebauliche Untersuchungen hinzugezogen werden, um empirisch zu prüfen, wie sich Sakralbauten im Stadtbild und in Relation zu anderen Bauten positionieren und auf welche Weise sie sichtbar in Erscheinung treten. Die architektonische Form und die stadträumliche Position von Bauwerken übernehmen spezifische Ordnungsfunktionen im öffentlichen Raum. Je stärker aber Bauwerke durch symbolische Indifferenz oder experimentelle Bauweise Orientierungs- und Deutungsanstrengungen provozieren, desto eher wird die Orientierung und Strukturierung von Räumen erschwert.

Sakrale Neubauten stehen schon länger in Konkurrenz zu modernen Profanbauten (z. B. Hochhäuser, Museen, Kinos, Theater), die nicht selten ursprünglich sakrale Architekturelemente aufnehmen und neu interpretieren. Sie bemühen sich zudem, einem veränderten Verständnis von Religion in modernen Gesellschaften eine Form zu geben und auf konventionelle, eindeutig sakral konnotierte Architektur zu verzichten. Dabei setzen sie sich aber der Gefahr aus, als symbolisch indifferent wahrgenommen zu werden. Darauf nimmt die Auswahl der Fallbeispiele Rücksicht und stellt der qualitativen Analyse eine quantitative Erhebung gegenüber, um eine hohe Korrelation zwischen Fallstudien und Empirie sicherzustellen.

Förderungszeitraum

09.2018 - 08.2021

Oberlicht der Propsteikirche St. Trinitatis, Leipzig, August 2020. © Dunja Sharbat Dar